Die alten und neuen Team-Europameisterinnen: Reem Khamis, Mia Bitsch, Shara Hubrich, Madeleine Schröter und Johanna Kneer (von links)
Es waren die wohl verrücktesten 32 Sekunden, die Johanna Kneer jemals erlebt haben dürfte: Mit 3:5 hatte die Einzel-Europameisterin im zweiten Kampf des EM-Finales im Team-Wettbewerb gegen die Italienerin Clio Ferracuti zurückgelegen - und es waren noch 82 Sekunden auf der Uhr verblieben. Dann jedoch zündete Kneer den Turbo und drehte diesen bemerkenswerten Kampf, in dem sie schnell mit 0:3 in Rückstand geraten war, binnen 32 Sekunden zum 10:5.
Dass der Italienerin fünf Sekunden vor dem Ende noch der Anschluss zum 10:8 gelungen war, sollte nicht weiter ins Gewicht fallen. Denn Johanna Kneer machte mit dem zweiten Erfolg den "Deckel drauf" und sicherte dadurch dem DKV-Team den zweiten Mannschafts-Titel in Folge.
Hubrich gelingt nach Rückstand der Turnaround in der Schluss-Minute
Zuvor hatte die erstmals an eins aufgestellte Shara Hubrich mit dem 3:1 über Anna Pia Desiderio den Grundstein zum erneuten EM-Triumph gelegt. Und auch Hubrich hatte einen Rückstand (0:1) in einen Sieg umgemünzt - und genau wie Kneer war ihr dabei der Turnaround gegen Ende des Kampfes gelungen.
Zusammen mit Reem Khamis, die aufgrund des 2:0-Sieges nicht mehr auf die Tatami gemusst hatte, Mia Bitsch, die im Halbfinale zum Einsatz gekommen war, und Madeleine Schröter feierten Kneer und Hubrich den Gewinn der Goldmedaille.
DKV-Sportdirektor Martin Weber sprach hernach "vom ganz großen Kino" und nannte die Leistungen der beiden Athletinnen "irre" - weil sie sich nervenstark und zielorientiert gezeigt hätten; "und weil sie keinen Zweifel an einem Erfolg hatten". Dieser Mannschafts-Titel sei der super Abschluss eines extrem erfolgreichen Tages gewesen, so Weber weiter.
Nach einem hart umkämpften Erfolg über die französische Equipe stehen die deutschen Kumite-Damen erneut im Finale des Team-Wettbewerbs und können am Samstag um 19.05 Uhr ihren Titel aus dem vergangenen Jahr verteidigen. Gegner ist dann das italienische Team, das im zweiten Halbfinale den EM-Finalisten von 2023, Kroatien, mit 2:0 ausgeschaltet hatte.
Nachdem sich Reem Khamis und ihre extrem passiv agierende Kontrahentin zum Auftakt 0:0 getrennt hatten, war es Johanna Kneer, die mit ihrem 2:0-Erfolg für die deutsche Führung gesorgt hatte. Mia Bitsch, die erstmals zum Einsatz gekommen war, hätte mit einem Remis oder weiteren Erfolg alles klar machen können. Doch die EM-Finalistin in der Gewichtsklasse -55 Kilogramm hatte sich trotz 2:1-Führung mit 2:4 geschlagen geben müssen.
Somit war ein weiterer Kampf nötig geworden - und in dem war Johanna Kneer, die 66 Sekunden vor dem Ende mit ihrer Aktion zum 2:0 die Weichen auf den Final-Einzug gestellt hatte, nicht zu bezwingen gewesen. Nach dem Kneer'schen 4:0 war der Jubel beim DKV-Team, zu dem noch Shara Hubrich und Madeleine Schröter gehören, verständlicherweise groß.
Zuvor hatten sich die deutschen Damen in ihren drei Begegnungen keine Blöße gegeben und sich dreimal souverän mit 2:0 durchgesetzt. Gegnerinnen war Griechenland, Belgien und England.
"Das war eine großartige Leistung", hatte DKV-Sportdirektor Martin Weber lobende Worte nach dem gewonnenen Halbfinale für das Team gefunden. Vor allem Johanna Kneer liefere eine überragende Leistung ab und habe bislang von keinen Kampf verloren.
Nachdem die Damen am zweiten Wettkampf-Tag in der ersten Runde Griechenland mit 2:0 besiegt hatten, mussten sich die Herren Nord-Mazedonien knapp geschlagen geben (2:2 / 12:17). Dabei hatte es zunächst gut für die DKV-Crew ausgesehen, die mit Philipp Walger, Muhammed Özdemir, Svjatoslav Prokop, Tim Steiner und Anton Kolb angetreten war. Doch in den letzten beiden Duellen, die über das Weiterkommen entscheiden sollten, waren die Nord-Mazedonier cool geblieben und sicherten dadurch den Einzug in die nächste Runde.
Im Viertelfinale war indes für den DKV-Bezwinger nach der 0:3-Niederlage gegen Italien Endstation - was zugleich das endgültige Wettbewerbs-Aus für die DKV-Herren besiegelte.
Dirk Kaiser
Kumite
Damen-Team
2. Runde: 2:0 gegen Serbien
Johanna Kneer 5:0
Reem Khamis 11:3
Viertelfinale: 2:0 gegen England
Johanna Kneer 4:0
Shara Hubrich 5:2
Halbfinale: 2:1 gegen Frankreich
Reem Khamis 0:0
Johanna Kneer 2:0
Mia Bitsch 2:4
Johanna Kneer 4:0
Finale: 2:0 gegen Italien
Shara Hubrich 3:1
Johanna Kneer 10:8
Das Europameisterschafts-Debüt für Mike Richter hätte kaum besser verlaufen können. Nachdem der Berliner bereits in der Vorrunde seine starke Form unter Beweis gestellt und die gleiche Anzahl an Punkten wie sein Team-Kollege Albert Singer erzielt hatte, lieferte Richter auch im Bronze-Duell der Klassifizierung "Menschen mit geistiger Beeinträchtigung" (K21) gegen den Ungarn Csateri eine famose Leistung ab und sicherte sich dadurch die Bronzemedaille.
Für Vize-Europameister Singer gab es, wie schon im vergangenen Jahr, die Silbermedaille. Im Duell mit seinem Dauer-Rivalen und dem Titelverteidiger aus Spanien, Carlos Ruiz Huertas, hatte Singer diesmal mit 39,10 : 40,80 Punkten das Nachsehen.
Michael Lesic verpasst das Podium
als Fünfter nur knapp
Nur ganz knapp als Fünfter das Podest verpasst hatte Michael Lesic, der ebenfalls in der "K21" an den Start gegangen war. Im entscheidenden Duell hatte Lesic, EM-Dritter von 2023, gegen den Portugiesen Pereira das Nachsehen.
Marvin Nöltge und Sven Baum
auf den Plätzen neun und elf
Für Marvin Nöltge endeten die Titelkämpfe in der Klassifizierung "Menschen mit geistiger Beeinträchtigung" (K22) auf Rang neun. Zu der Tatsache, dass er in einem sehr starken Pool gelistet war, kam noch hinzu, dass er "leider Kiai vergessen hatte", wie DKV-Vizepräsidentin Kathrin Brachwitz erklärte.
Auch Rollstuhl-Athlet Sven Baum (K30) hatte eine sehr schwere Gruppe zugelost bekommen und war trotz seiner bisher "besten Wettkampf-Kata" (Brachwitz) aufgrund seiner Einschränkungen chancenlos. Am Ende stand für Baum ein elfter Platz zu Buche.
Dirk Kaiser
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